Bis vor wenigen Jahren war das Thema „Dreigliederung“ nur in kleinen Kreisen bekannt. Manche sagen, es sei in Elfenbeintürmen sicher verwahrt worden von jenen, die das Wissen und die Erkenntnisse um die nötigen Mittel wußten, welche hätten verhindern können, was nun die Menschheit an den Abgrund treibt.

Doch die letzten Jahre scheint es zu „boomen“. Parteien schreiben es auf ihre bunten Fahnen, in der Hoffnung, man könne damit gute Geschäfte machen. Gruppierungen und Organisationen schießen wie Pilze aus dem Boden, bitten um mehr oder weniger freiwillige Spenden oder gehen den sicheren Weg des Mitgliedsbeitrages, der diese und jene Vergünstigung oder diesen und jenen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen im Wirtschaftsleben sichern soll.

Vorträge und Seminare kann man nahezu für jedes Wochenende buchen, sofern man es sich leisten kann und eine Vorliebe dafür hat, sich in erlauchteren Kreisen aufzuhalten, unter den neuen Stars der Bewegung. Manches kann man allerdings auch kostenlos im Internet genießen.

Es treibt mich schon lange ein wenig um. Ich suche die Brüderlichkeit, um die es doch gehen soll. Ich halte Ausschau nach den Taten, die den großen Worten folgen, nach den Änderungen im zwischenmenschlichen Umgang, nach den Änderungen im alltäglichen Wirtschaften.

Der Seelenfrieden

Die Art vieler Veranstaltungen geben den Teilnehmern oft das Gefühl, schon etwas Sinnvolles getan zu haben, bereits an einer neuen Welt mitgebaut zu haben. Man geht zufrieden nach Hause. Dabei habt man passiv genossen, sich informiert und wohl gefühlt. Und vielleicht dient es auch dem eigenen Seelenfrieden, schließlich interessiert man sich für die Welt und die gesellschaftlichen Verhältnisse. Aber die eigentliche Tat, die Umsetzung der Theorien, müßte jetzt anschließend erfolgen. Ganz persönlich, bei jedem, im Alltag. Im Umgang mit dem Nächsten.

Getrennte Lebenswelten

Vielleicht liegt es an den Vortragsrednern. Vielleicht rufen sie nicht zur konkreten Tat auf, denn nur darauf kommt es ja jetzt an. Aber vielleicht liegt es auch an den Zuhörern. Die angesprochene Zielgruppe (Menschen, die es sich leisten können) kommt wohl großteils eher aus der bürgerlichen Mittelschicht. Das sind Menschen, welchen es relativ gut geht, die alles haben, was sie zum Leben brauchen und die oft wenig daran interessiert sind, an den Verhältnissen etwas zu ändern.

Sie haben auch kaum noch eine Vorstellung, wie es sich am unteren Ende der Wohlstandskette anfühlt zu leben. Eine jede sogenannte Gesellschaftschicht ist ja nicht umsonst sauber von der anderen getrennt, damit man sich nicht so stoßen muß am anderen. Die Lebenswirklichkeiten sind so verschieden, zum Teil unsichtbar, das Interesse und die Anteilnahme zuletzt doch deutlich magerer geworden.

Es ist sicher noch zu früh

Es kann natürlich sein, dass die nötigsten Grundlagen zur Änderung der Mißstände zu schmerzhaft wären, umzusetzen. So verharrt man darin, darüber zu reden und zu reden und zu reden. Die in den Veranstaltungen theoretisch erarbeiteten Erkenntnisse, wie beispielsweise die Tatsache, dass der private Besitz von Grund und Boden schädlich ist für unsere sozialen Verhältnisse, ebenso das Vererben von Vermögen, wären in der nötigen Konsequenz ja unerträglich. Es kann nicht jetzt gelten, nicht jetzt nötig sein, nicht mich selbst betreffen, das müssen andere tun … oder es ist vielleicht noch zu früh, die Zeit noch nicht reif, die Dinge noch nicht zu Ende diskutiert …, aber ich würde ja mittun, wenn andere zuerst …

und noch eine Runde ….?

Verbringen wir nun weitere 100 Jahre damit, uns theoretisch mit den Zusammenhängen zu befassen und darüber zu philosophieren? Es ist schade, wir hätten alle Möglichkeiten, die Veränderungen anzupacken. Dazu braucht es keine politischen Veränderungen und Gesetze, wir müssen lediglich damit anfangen. Ich und du und jedermann, der begriffen hat, dass es in Richtung Abgrund geht in Höchstgeschwindigkeit.

Ärmel hochgekrempelt und in die Hände gespuckt!

Wir könnten beispielsweise beginnen, unsere täglichen wirtschaftlichen Handlungen mit der Frage an den anderen auszurichten: „Was brauchst du?“, anstatt immer nach dem eigenen Vorteil zu suchen. Jeder Mensch ist in seinem Alltag ständig in wirtschaftliche Prozesse und Tauschvorgänge eingebunden, da gibt es jeden Tag viele Möglichkeiten, die Erkenntnisse aus der Dreigliederung in das eigene Handeln einfließen zu lassen.

Wir könnten, nachdem wir erkannt haben, dass privater Besitz von Grund und Boden zu sozialen Verwerfungen führt, unsere eigenen Grundstücke in Gemeineigentum überführen. Es gibt genügend Vorbilder, wie das durchzuführen ist.

Wir können Gebäude, die uns gehören und nicht genutzt werden, einer sinnvollen sozialen Nutzung zuführen, auch wenn es sich im Moment nicht „lohnt“.

Wir müssen nicht alles „besitzen“, wir können uns auch mal etwas ausleihen, oder selber etwas verleihen. Anstatt nach immer neuem Besitz zu streben, sollten wir dazu übergehen, mit anderen Menschen zu teilen. Und hier geht es nicht um Almosen oder das Weggeben von Müll, es geht darum, das Gute zu teilen.

Wenn wir zu der Überzeugung gelangt sind, dass Rechte kein Wirtschaftsgut sind und deshalb auch nicht gekauft oder verkauft werden sollten, dann sollten wir direkt damit anfangen. Domains beispielsweise sind solche Rechte. Oder das Recht, einen bestimmten Weg oder einen Parkplatz zu nutzen, u.v.a.m.

Die Änderung geschieht durch jeden einzelnen. Oder sie geschieht nicht. Es ist reichlich an der Zeit.

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